Rauchstopp: Experten-Interview

Experten-Interview Christoph Kröger

Warum lohnt es sich, jederzeit mit Rauchen aufzuhören? Welche Vorkehrungen sollten für einen erfolgreichen Rauchstopp getroffen werden? Und: Was tun bei einem Rückfall? Dr. Christoph Kröger, Diplom Psychologe und psychologischer Psychotherapeut aus München, beantwortet die wichtigsten Fragen rund um das Thema Rauchstopp.

Es ist nie zu spät, mit dem Rauchen aufzuhören! Tatsächlich können sich positive körperliche Veränderungen bereits innerhalb weniger Stunden einstellen. Schon 12 Stunden nach dem Rauchstopp werden die Organe wieder besser mit Sauerstoff versorgt. Die Lungenfunktion verbessert sich in der Regel innerhalb der ersten drei Monate nach dem Rauchverzicht. Wer 5 Jahre auf den Glimmstängel verzichtet hat, reduziert zum Beispiel sein Schlaganfall-Risiko auf Nichtraucher-Niveau.

Sie sehen also: Es gibt genügend Gründe, auf das Rauchen zu verzichten. Egal, zu welchem Zeitpunkt.

Viele Raucher leiden unter einer Art Zwang, rauchen zu müssen. Dies liegt daran, dass sich durch das Rauchen über Jahre hinweg Gehirnstrukturen insofern verändert haben, als dass sie einem Menschen vorgaukeln, dass das Rauchen lebenswichtig sei. Viele Signale in der Umwelt und im Körper lösen einen Automatismus aus, der beim Aufhören überwunden werden muss. Und das macht den Rauchstopp häufig so schwierig.

Man muss die klare Entscheidung treffen, dass man als Nichtraucher weiterleben möchte. Dazu sollte man sich die rauchfreie Zukunft konkret vorstellen, Visionen sind hilfreich. Am besten macht man sich eine individuelle Motivationsliste mit den ganz konkreten persönlichen Vorteilen, die man sich immer wieder vor Augen hält.

Da gibt es eine ganze Reihe. Ganz abgesehen vom gesundheitlichen Aspekt gibt es auch vielfältige psychologische Vorteile. Denn wer es schafft, den Weg vom Raucher zum Nichtraucher zu meistern, kann enorm an Selbstbewusstsein hinzugewinnen. Ganz nach dem Motto „Das, was ich mir vorgenommen habe, schaffe ich trotz aller Widerstände“. Natürlich sprechen auch soziale Gesichtspunkte dafür, mit dem Rauchen aufzuhören. So muss man sich nicht ständig innerlich damit beschäftigen und Vorkehrungen treffen, dass man immer genügend Zigaretten bei sich hat. Nicht zuletzt tut ein Rauchstopp auch dem Kontostand gut.

Beide Vorgehensweisen können letztendlich erfolgreich sein. Dabei gibt es individuelle Unterschiede und Vorlieben, die man berücksichtigen sollte. Hier sollte man also ein wenig auf sein „Bauchgefühl“ hören. Welcher Weg ist der Richtige für mich?

Im Allgemeinen gilt allerdings: Eine schrittweise Reduktion des Rauchens hat den Nachteil, dass die letzten Zigaretten immer mehr an Bedeutung gewinnen können. Und das sollte eigentlich nicht sein. Vielmehr sollte man nach einem Rauchstopp wohlwollend auf die eigene Lebensgeschichte als Raucher zurückblicken, die Zigarette als einen Wegbegleiter ansehen, der einen eine Zeitlang begleitet hat, den man jetzt jedoch nicht mehr benötigt und auch nicht vermisst.

Fest steht: Je weniger geraucht wird, desto besser ist es, denn jede gerauchte Zigarette reduziert die Lebenszeit. Personen, die sich nicht zu einem Rauchstopp durchringen können, sollten daher zumindest versuchen, die Anzahl der Zigaretten zu reduzieren. Ich würde allerdings jedem empfehlen, ganz mit dem Rauchen aufzuhören. Meine Erfahrung ist, dass viele Raucher nach dem Rauchstopp dankbar sind und häufig auch erstaunt, wie gut Sie den Übergang zum rauchfreien Leben geschafft haben. Auch für die Gesundheit ist es besser, vollständig mit dem Rauchen aufzuhören. Wussten Sie zum Beispiel, dass sich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei 2-3 Zigaretten täglich genauso erhöht, als wenn man 20 Zigaretten rauchen würde? Das spricht für sich…

Der erste rauchfreie Tag sollte genau geplant werden. Besonders die kritischen Situationen sollten vorher durchdacht werden: „Was tue ich statt des Rauchens?“. Hilfreich ist es, Freunde zu informieren, Raucher-Utensilien wie Aschenbecher und Feuerzeug aus der Wohnung entfernen und seine ganz persönliche Motivationsliste am besten ausgedruckt und gut sichtbar z. B. am Kühlschrank zu befestigen.

Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie hier hier auch mehr zum Thema Tipps für den ersten Tag als Nichtraucher.

Ein Rauchertagebuch ist eine gute Angelegenheit, um sich über sein eigenes Verhalten bewusst zu werden. Wenn Sie einen Raucher fragen, warum er sich in einem bestimmten Moment gerade diese Zigarette angesteckt hat, wird er häufig verdutzt schauen und nachdenken müssen. Im Rauchertagebuch werden alle gerauchten Zigaretten registriert. Es hilft zu erkennen, wozu die Zigarette jeweils gut ist (zum Beispiel gegen die Langeweile, gegen den Stress, für die Verdauung, für die Konzentration etc.). Ich empfehle außerdem, sich bei jeder Zigarette zu fragen: Ist diese Zigarette überhaupt nötig oder ist es eine reine „Gewohnheitszigarette“, die man auch weglassen könnte?

Anmerkung der Redaktion: Hier finden Sie eine Vorlage für ein Rauchertagebuch.

Was sich ganz klar verbessert, ist die körperliche Leistungsfähigkeit. Das bemerken viele Ex-Raucher schnell in ihrem Alltag, zum Beispiel beim Radfahren oder Treppensteigen. Gleichzeitig wächst das Selbstvertrauen und der Glaube in die eigene Willenskraft.

Der Nikotin-Entzug bleibt für den Körper nicht ohne Folgen. Häufig kommt es zu Kopfschmerzen, Nervosität, Reizbarkeit oder Niedergeschlagenheit. Wobei nicht alle Raucher dieselben Entzugserscheinungen im vergleichbaren Ausmaß erleben.

Gut zu wissen: Entzugserscheinungen sind ungefährlich und vergehen in der Regel innerhalb von 14 Tagen.

Tatsächlich ereignen sich die meisten Rückfälle innerhalb der ersten zwei Wochen – Entzugserscheinungen spielen dabei also eine wichtige Rolle. Die meisten Rückfälle werden jedoch durch sogenannte „Verlangensattacken“ ausgelöst. Verlangensattacken sind keine Entzugserscheinungen, sondern das Ergebnis der Veränderungen im Gehirn, das dem Ex-Raucher noch für lange Zeit in typischen Rauchsituationen oder bei typischen körperlichen Empfindungen signalisiert: „Wenn du jetzt eine Zigarette rauchst, geht es dir gut“.

Auch Stimmungsschwankungen spielen eine wichtige Rolle bei Rückfällen: Sowohl negative als auch positive Emotionen signalisieren dem Gehirn eines Rauchers auch noch nach längerer Zeit, dass nun eine Zigarette dazu gehört.

Also: Neben Entzugserscheinungen sind Verlangensattacken und starke Gefühle häufige Gründe für einen Rückfall. Aber man ist solchen Situationen nicht hilflos ausgeliefert und kann sich gut darauf vorbereiten.

Eine Nikotinersatztherapie kann die Entzugssymptome abmildern, indem dem Körper über eine gewisse Zeit weiterhin Nikotin zugeführt wird – und das ganz ohne die giftigen Zusatzstoffe aus Zigaretten. Auf diese Weise lässt sich die Motivation für den Rauchstopp einfacher aufrechterhalten – die Erfolgschancen für das Projekt „Endlich Nichtraucher“ werden erhöht.

Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie hier mehr zum Thema Nikotinersatztherapie.

Im Rahmen der Nikotinersatztherapie wird fehlendes Nikotin zugeführt und die Entzugssymptome werden gemildert. Es handelt sich also um eine Substitution. Wichtig dabei ist es, die Wirkstärke der Nikotinersatzpräparate auf den individuellen, bisherigen Zigarettenkonsum abzustimmen und mit der richtigen Dosis zu beginnen. Die Nikotinersatztherapie funktioniert also anders als bei einem Schmerzmittel, wo man zunächst eine Tablette nimmt, um dann, wenn der Schmerz noch anhält, eine zweite Tablette zu nehmen.

Hier besteht ein großer Unterschied zwischen Zigaretten und einer Nikotinersatztherapie. Denn Nikotinkaugummis, -pflaster etc. führen dem Körper zwar Nikotin zu, enthalten aber keinen der zahlreichen anderen, teils krebserregenden Stoffe aus Zigaretten. Man setzt den Körper also keinem neuen Gesundheitsrisiko aus!

Nikotinkaugummis sind eher für den schrittweisen Rauchstopp gedacht und können bei Bedarf angewendet werden. Nikotinpflaster geben kontinuierlich Nikotin ab und dürfen nur bei einem vollständigen, sofortigen Rauchstopp eingesetzt werden. Lutschtabletten verfügen über eine schnelle Wirksamkeit.

Hier sind natürlich immer auch individuelle Vorlieben gefragt. Grundsätzlich gilt: Die individuelle Wirkstärke jeder Darreichungsform gilt es auf den bisherigen Nikotinkonsum abzustimmen.

Moderne 24-Stunden-Pflaster bieten den Vorteil, dass Nikotin kontinuierlich über den gesamten Tag abgegeben wird. Die Anwendung ist diskret und nur einmal am Tag notwendig – auch in der Nacht wird der Körper mit Nikotin versorgt. Das reduziert das Bedürfnis nach der Zigarette bereits am Morgen.

Die Dauer der Nikotinersatztherapie richtet sich unter anderem nach dem individuellen Konsum und der Art und Wirkstärke der angewendeten Nikotinersatzpräparate.

Im Schnitt beträgt die Dauer der Therapie 3-6 Monate. Lassen Sie sich dazu auch von Ihrem Arzt oder Apotheker beraten.

Tatsächlich liegt nach dem Rauchstopp eine veränderte Stoffwechselsituation vor – ein paar Kilo mehr sind möglich. Eine beruhigende Information an dieser Stelle: Auch hier können Nikotinersatzpräparate regulierend eingreifen, so dass eine Gewichtszunahme während dem Abgewöhnungsprozess reduziert wird. Das Auftreten von Hungergefühl und die Veränderung der Stoffwechselsituation werden durch das Zuführen von Nikotin „ausbalanciert“. Bei Beendigung der Nikotinersatztherapie ist der Ex-Raucher besser in der Lage, ein erfolgreiches Ernährungs- und Gewichtsmanagement zu erreichen.

Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie hier mehr zum Thema Rauchstopp & Gewichtszunahme: Tipps.

Jeder Raucher sollte hier seine ganz persönliche Alternative finden, die zu ihm passt. Ich selber habe nach dem Aufhören mit den Fingern Papier gerollt und daran gesogen. Die Hände oder den Mund zu beschäftigen, sind gute Ablenkungsmanöver. Bei starken Verlangensattacken sollte man auf starke Reize setzen - zum Beispiel auf einer Gewürznelke kauen, auf eine Chilischoten beißen, scharfe Bonbons lutschen, mit einem Igel-Ball den Unterarm massieren. Weitere Möglichkeiten sind, sich mit einem Rätsel abzulenken oder im Kopf Aufgaben zu lösen (z. B. indem man von 224 in 7 Schritten auf 0 zurück zählt oder 20 Städte mit dem Anfangsbuchstaben O aufzählt).

Anmerkung der Redaktion: Hier finden Sie weitere Anregungen für Alternativen zur Zigarette.

Ein Rückfall ist keine Seltenheit. Leider gilt der Spruch: „Der Rückfall ist der Regelfall“. Eine gute Planung und die Unterstützung durch Menschen aus der eigenen Umgebung, Ärzte, Apotheker oder Spezialisten machen den erfolgreichen und endgültigen Rauchstopp um ein Vielfaches wahrscheinlicher.

Zunächst einmal gilt das Prinzip: Bleiben Sie ruhig! Ein Rückfall ist kein Anlass, jetzt alles hinzuwerfen. Bleiben Sie an Ihrem Rauchstopp-Vorhaben dran. Um einen weiteren Rückfall in Zukunft zu vermeiden, sollten Sie allerdings die Gründe analysieren, die zum erneuten Griff zur Zigarette geführt haben. Nicht umsonst heißt es: Aus Erfahrung wird man klug.

Anmerkung der Redaktion: Hier finden Sie bewährte Tipps bei einem Rückfall.

Um sich in der Zukunft vor einem Rückfall schützen zu können, sollten Sie sich noch einmal bewusst vor Augen führen, in welchen Situationen Sie früher zur Zigarette gegriffen haben. Ein Blick auf Ihr Rauchertagebuch kann helfen. Versuchen Sie, sich klare Regeln zu setzen und behalten Sie mögliche Alternativen für eine Zigarette im Hinterkopf. Ebenfalls empfehlenswert: Führen Sie sich Ihre ursprüngliche Motivationsliste noch einmal vor Augen. Warum haben Sie sich also für den Rauchstopp entschieden? Gehen Sie also noch einmal einen Schritt zurück, bevor es mit großen Schritten Richtung Nichtraucher geht.

Herr Dr. Kröger, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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